Zwischen Steilküste und Zuckerrohr – Unsere Reise nach Madeira

Madeira - das klingt nach Wind in den Haaren, nach moosgrünen Wäldern und nach Steilküsten, die wie von Riesenhänden aus dem Meer gerissen wirken. Anfang April sind wir dem Frühling gefolgt – mitten hinein in diese wilde Atlantikinsel, irgendwo zwischen Europa und Afrika. Zwei Wochen lang waren wir mit Wanderschuhen, Kamera und Neugier unterwegs: auf Levadas und Gipfeln, durch Nebelwälder und Fischerdörfer. Dieser Reisebericht erzählt was uns bewegt, überrascht und begeistert hat.

Karte unserer Madeira Reise
Karte unserer Madeira Reise

30. März – Ankunft im Paradies

Unser Abenteuer beginnt unerwartet sanft. Vom berüchtigten Seitenwind über dem Flughafen Funchal keine Spur – stattdessen: ruhiger Flug, butterweiche Landung, ein fast enttäuschend braver Empfang für so eine dramatische Insel.
Am Mietwagenschalter übernehmen wir unseren Wagen, der uns in den kommenden Tagen über steile Küstenstraßen und durch enge Serpentinen begleiten wird. Unsere erste Unterkunft liegt oberhalb von Funchal, mit Blick über die Stadt bis zum Meer – perfekt, um anzukommen und tief durchzuatmen.

31. März – Funchal zu Fuß und im Regen

Der erste volle Tag gehört Funchal – und dem Versuch, die Stadt mit allen Sinnen zu erleben. Wir starten auf dem Mercado dos Lavradores, wo uns tropische Früchte und Blumen in allen Farben begrüßen. Danach führt unser Weg durch die historische Altstadt: vorbei an der Praça do Colombo, dem Rathausplatz und der ehrwürdigen Kathedrale.
Im Parque de Santa Catarina treffen wir auf Sissi – oder zumindest ihre Statue – und genießen die Aussicht auf Hafen und Hügel. Als dunkle Wolken aufziehen, suchen wir Unterschlupf in der Festung São João Baptista do Pico. Zwischen alten Mauern und grandiosem Blick auf die Stadt hören wir den Regen auf dem Pflaster prasseln.
Am Nachmittag klart es auf – perfekt für einen Besuch im Botanischen Garten. Hier blüht Madeira in Miniatur: exotisch, üppig, überraschend – wie die Insel selbst.

1. April – Tropische Gärten, stille Täler und bunte Fischerboote

Der Tag beginnt mit einem Höhenflug – allerdings nicht per Seilbahn, sondern auf vier Rädern. Über steile Straßen geht es hinauf zum Monte Palace. Der Garten ist eine Reise durch Fernost und die Fantasie: Pagoden, Koi-Teiche, Bambushaine und moosbewachsene Wege – fast schon zu fotogen, um wahr zu sein.
Von dort aus fahren wir weiter nach Curral das Freiras – das "Nonnental" liegt verborgen zwischen steilen Felswänden und wirkt wie ein Geheimnis, das die Berge bewahren wollen. Vom Eira do Serrado blicken wir tief hinab ins Tal. In einem kleinen Café auf dem Dach genießen wir die Stille, den Ausblick – mit leckerem Bolo de Mel & Kaffee.
Auf dem Weg zur nächsten Unterkunft in Calheta machen wir Halt in Câmara de Lobos. Die bunten Fischerboote im Hafen, das Licht am frühen Abend, der Geruch von Salz und Zitrus – Madeira zeigt sich von seiner malerischen Seite. Zum Tagesabschluss stoßen wir mit einem Glas Poncha an – dem Nationalgetränk aus Zuckerrohrschnaps, Honig und Zitrusfrüchten.

2. April – Zwangspause am Meer

Was nach einem gemütlichen Ruhetag klingt, beginnt mit Magengrummeln. Eine Fischsuppe vom Vorabend bringt den Kreislauf durcheinander – der Tag gehört der Genesung. Während einer von uns das Bett hütet, erkundet die andere die Umgebung.
Am Abend reicht es für einen kleinen Spaziergang zum Strand. Die See ist aufgewühlt, der Himmel dramatisch. In der Ferne verschwindet die Sonne hinter dunklen Wolken – ein filmreifer Sonnenuntergang, fast zu kitschig für diesen Tag.

3. April – Zuckerrohr und Bananen an der Südküste

Heute geht es der Südküste entlang. Ponta do Sol empfängt uns mit Charme, fotogenen Fassaden und rauer Gischt, Madalena do Mar anschließend mit endlosen Reihen von Bananenpflanzen. In Jardim do Mar schweift der Blick übers Meer, während die Wellen auf die Küste zurasen. 
Zurück in Calheta besuchen wir die alte Zuckerrohrbrennerei der „Sociedade dos Engenhos“. Der süßliche Geruch von Melasse hängt in der Luft, große Zahnräder drehen sich quietschend – eine Zeitreise in die industrielle Vergangenheit Madeiras. Eine Kostprobe der lokalen Spezialitäten darf natürlich nicht fehlen. 

4. April – Zauberwald auf der Hochebene

Der Morgen beginnt mit Höhenluft. Über gewundene Straßen erreichen wir die Hochebene von Paul da Serra und stoppen am Aussichtspunkt Fonte do Bispo. Die beliebte Wanderung PR6 zu den „25 Quellen“ lassen wir links liegen – der Parkplatz ist schon am frühen Morgen voll. Stattdessen führt uns der Weg zum Fanal-Wald. Kein Nebel, aber dafür ein magisches Spiel aus Licht und Schatten, das durch die knorrigen Äste der Lorbeerbäume tanzt.
Vom Miradouro do Massapez blicken wir später über das Tal von Paul do Mar, bevor wir die kurvige steile Bergstraße zum Meer herunterfahren. Abends essen wir fangfrischen Fisch in einem kleinen einheimischen Lokal in Madalena do Mar – schlicht, einfach, köstlich.

5. April – Nordwestküste und Espetada

Heute wechseln wir die Unterkunft und ziehen weiter nach Porto Moniz. Doch unterwegs wird jede Pause zur Entdeckung. Am Leuchtturm Farol da Ponta do Pargo, dem westlichsten Punkt der Insel, stehen wir im Wind und blicken auf die schroffe Küste. Vom Miradouro do Caminho do Pico schauen wir über die Nordküste – wild, grün, ungezähmt.
Am Nachmittag zieht es uns nochmal in die Berge – eine spontane Wanderung durch dichte Lorbeerwälder belohnt mit Stille und Ausblick. Auf dem Rückweg über Ribeira da Janela stoppen wir am Miradouro da Eira da Achada – ein letzter, dramatischer Blick auf die Nordküste, bevor es wieder abwärts geht. Abends erwartet uns ein kulinarisches Highlight in Santa Maria Madalena: Espetada – saftig gegrilltes Rindfleisch am Lorbeerzweig. Später in Porto Moniz wird zufällig eine neue Bar eingeweiht – mit Feuerwerk direkt vor unserer Unterkunft. Madeira weiß, wie man überrascht.

6. April – Levada-Wanderung und Lorbeerwälder

Am Morgen wandern wir entlang der Levada da Ribeira da Janela – eine stille, grüne Oase mit Ausblick in das größte Tal der Insel. Das Wasser plätschert leise, Farne wuchern am Wegesrand. 
Danach fahren wir zum Encumeada-Pass und weiter in den Lorbeerwald von Chão dos Louros. Madeira zeigt sich an diesem Tag wieder von seiner urwüchsigen Seite – grün, feucht, duftend nach Erde und Moos.

7. April – Seixal und Jurassic Park

Unsere Reise führt weiter nach Seixal. Das Dorf wirkt wie aus der Zeit gefallen: alte Steinhäuser, ein Wasserfall mitten im Ort und das Meer nie weit entfernt. Espresso und Pastéis de Nata gibt es hier für 3 Euro – mit Meerblick.
Bei einem Spaziergang durch Chão da Ribeira glauben wir uns fast in einen vergessenen Winkel von „Jurassic Park“ verirrt zu haben: dichte Vegetation, schroffe Felsen, Nebelschwaden über dem Tal – faszinierend und ein wenig unheimlich.

8. April – Entlang der rauen Nordküste

Ein Tag voller Ausblicke. Entlang der Nordküste reihen sich Miradouros wie Perlen auf einer Kette: São Cristovão, Beira da Quinta, Nossa Senhora dos Bons Caminhos – jeder Ort ein neues Panorama. Das Wetter wechselt im Minutentakt, Sonne und Regen tanzen ein wildes Spiel, das die Landschaft in dramatisches Licht taucht.
Auf dem Rückweg stoppen wir in São Vicente, essen in einem Restaurant direkt am Meer und beobachten, wie die Sonne sich langsam hinter den Wellen verabschiedet. 

9. April – Gipfelglück und Gaumenfreuden

Früh am Morgen starten wir zur Wanderung auf den Pico Ruivo. Noch liegt Stille über den Bergen, als wir den höchsten Punkt der Insel erreichen. Doch kaum sind wir oben, rollen Wolken über die Berge – ein Spiel aus Licht, Wind und Weiß.
Später fahren wir an die Ostküste nach Porto da Cruz, wo unsere letzte Unterkunft liegt – eine kleine Oase in einer Bucht mit Blick aufs Meer. Der Abend endet in einem unscheinbaren Restaurant, das sich als kulinarischer Glücksgriff entpuppt. Der Fisch – frisch, perfekt gewürzt, ein Gedicht. Die nächsten Tage probieren wird dort Bife de Atum (Thunfischsteak), Espada com Banana, Milho Drito, gegrillte Limpets (Napfschnecken) und gegrillte Sardinen.

10. April – Levadas und die Ostspitze

Zwei kurze, aber eindrucksvolle Levada-Wanderungen stehen auf dem Plan: zuerst zur Aussicht bei den Balcões, dann auf dem PR10 von Ribeiro Frio nach Portela. Lorbeerwälder, Weitblick, Vogelgezwitscher – Madeira wirkt an diesem Tag stiller, intimer.
Am Nachmittag fahren wir zur Ostspitze, zur Ponta de São Lourenço. Vom Miradouro do Abismo schauen wir auf die schroffen Klippen und das weite Meer. Ein Ort, der einem den Atem nimmt.

11. April – Sonnenaufgang auf dem Pico do Areeiro

Noch vor der Morgendämmerung fahren wir hinauf zum Pico do Areeiro. Der Himmel ist noch schwarz, doch der Parkplatz füllt sich rasch. Dann: erste Lichtstreifen, das Meer aus Wolken, durch das sich die Gipfel bohren. Ein atemberaubender Sonnenaufgang – vergänglich und kostbar.
Der Rest des Tages verläuft ruhig. Das Wetter wird wechselhaft, wir ziehen uns in eine kleine Bar in Porto da Cruz zurück, beobachten den Regen und lassen die Erlebnisse sacken.

12. April – Steilküste und Völkerwanderung

Die PR8-Wanderung auf der Halbinsel São Lourenço steht zum Schluss auf dem Programm – windig, wild, spektakulär. Die Klippen fallen steil ins Meer, der Pfad schlängelt sich durch karge, vom Wind gezeichnete Landschaft. Leider sind wir nicht allein – der Pfad ist belebt wie ein Volksfest. Trotzdem: Die Ausblicke sind grandios, das Licht golden, die Luft klar.

13. April – Abschied von Madeira

Am letzten Tag bleibt Zeit für einen Bummel durch Funchal und ein letztes Mittagessen in Santa Cruz. Noch einmal Sonne, noch einmal Meerblick. Der Rückflug verläuft so ruhig wie die Ankunft – fast zu ruhig für diesen wilden Abschied.

Fazit

Madeira hat uns begeistert – mit einer spektakulären, abwechslungsreichen Landschaft, die vom dichten Lorbeerwald bis zur kargen Steilküste reicht. Auch kulinarisch hat die Insel viel zu bieten: frischer Fisch, regionale Spezialitäten und der allgegenwärtige Poncha machen jede Mahlzeit zum Genuss.
Allerdings waren viele der bekannten Wanderwege und Aussichtspunkte deutlich stärker besucht, als wir es in der Nebensaison erwartet hätten. Wer die Natur in Ruhe erleben möchte, sollte früh aufbrechen oder bewusst weniger bekannte Routen wählen.

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